Indien – Adschalaga! 2015 10/01/2015

Nilkantha Expedition 2015

„Adschalaga!“, wurde zum Motto unserer diesjährigen Indienexpedition. Ein Ausdruck, der in Hindi verwendet wird, wenn etwas sehr gut ist. Doch eigentlich entsprach unsere Expedition nicht ganz diesem Ausruf.

Aber nun erstmal von vorne: Anfang September finde ich mich am Frankfurter Flughafen mit drei schweren Taschen, einem Berg Handgepäck und einem großen Grinsen ein. Denn vor mir liegen auf den Tag genau zwei Monate in Indien, diesem spannenden, bunten Land mit seinen beeindruckenden Gipfeln des Himalayas.

Ziemlich schnell bin ich dann in Delhi, fast etwas zu schnell um in einer komplett anderen Kultur zu landen. Nachdem ich vor drei Jahren mit dem DAV Expeditionskader schon hier war, fällt diesmal der Kulturschock weg und ich fühle mich schnell wohl in dem Durcheinander, das so typisch ist für dieses Land. Meine Kletterpartner kommen erst eine Woche später und so habe ich Zeit, noch etwas Indien kennen zu lernen.

Dies kam bei meiner letzten Expedition hierher leider zu kurz, dabei ist es mir ganz wichtig. Denn bei meinen Expeditionen in entfernte Länder möchte ich nicht nur die dortigen Berge erklimmen, sondern auch mit den dortigen Menschen in Kontakt kommen, ihre Kultur kennenlernen und etwas von dem Land sehen. Dies ist für mich auch eine Form des Respekts gegenüber den Einheimischen und macht aus einer Expedition ein komplettes Erlebnis. Noch dazu mag ich die Herausforderung neue Sprachen zu lernen, mich in einem neuen Land zurecht zu finden und neue Bekanntschaften zu machen. Genau dies lebe ich jetzt bei meiner Reise allein durch Rajasthan. War ich doch zunächst skeptisch gegenüber dem allein Reisen in Indien, genieße ich es nun direkt und habe keine großen Probleme. Viel mehr mache ich viele unvergessliche Erfahrungen während ich einen Bruchteil dieses enormen, vielfältigen, kontrastreichen und bunten Landes kennenlerne. Ich fahre in indischen Zügen sowohl nachts, als auch tags und lerne dabei nette Menschen kennen, schaue mir viele hinduistische Tempel an, das Taj Mahal und alte Festungen, schlendere über Basare, probiere verschiedenes Essen, praktiziere Yoga und tauche in die vielseitige Welt dieses Subkontinents ein. Ich bin beeindruckt. Doch es gibt hier nicht nur bunte Schönheit, sondern auch viel Armut und Elend, mit dem man ständig konfrontiert ist.

Voller neuer Eindrücke komme ich wieder nach Delhi zurück, wo ich Anne Gilbert Chase und Jason Thompson, meine Kletterpartner für die nächsten fünf Wochen treffen. Zu uns stoßen noch unser Liason Officer und unser nepalesischer Koch Depender mit seinem Gehilfen Goga um unser Expeditionsteam zu komplettieren. Alles wird organisiert durch unsere Agentur Ibex Expeditions, die über die ganze Zeit einen bemerkenswert guten Job macht.             
Nachdem wir unsere Einweisung vom IMF (Indian Mountain Foundation) bekommen haben, geht es los in Richtung Himalaya. Vor uns liegen zwei Tage Busreise, bis wir schließlich Joshimatt erreichen. Ein kleines Dorf im Garwhal Himalaya. Unsere zurückgelegte Distanz bis hierher ist nicht sehr groß, doch die indischen Straßen sind voll und ihr Zustand oft abenteuerlich.             

Zwischen Joshimath und Badrinath beginnen wir dann gemeinsam mit 30 Trägern unseren Marsch ins Basislager. Drei Tage lang sind wir unterwegs bis wir die Morräne am Fuße des Nilkantha (6596m) erreichen, wo wir auf 4000m unser Basislager errichten. Und dann geht es mir zunächst richtig schlecht, ich spüre die Höhe, obwohl wir eigentlich langsam aufgestiegen sind. Mit starken Kopfschmerzen und Übelkeit liege ich im Zelt. Ich frage mich, warum ich das hier mache und nicht einfach im Yosemite in der Sonne klettere. Zweifel kommen in mir auf, während ich so leide. Doch zum Glück geht es relativ schnell vorbei und abends geht es mir wieder besser.

Unser Ziel ist der bisher unbestiegene 7km lange Südostgrat des Nilkantha und so machen wir uns auf um den Zustieg zu finden, über steile Grashänge, Schutt und Geröll erreichen wir den Einstieg auf ca. 4800m, wo wir unser ABC (Advanced Basecamp) errichten wollen. Das bedeutet dann Material hochschleppen und akklimatisieren, immer wieder hochlaufen und wieder tief schlafen, dann etwas höher schlafen und wieder runter ins Basislager, wo uns unser nepalesischer Koch bestens versorgt. Er schafft es tatsächlich uns stets aufs Neue frisches Gemüse auf den Tisch zu zaubern und wir lernen sämtliche indische Gerichte kennen. Und hier kommt auch unser Wort täglich zum Einsatz: „Adschallaga“, das Essen ist verdammt gut!

              
Mir macht die Höhe noch ein weiteres Mal richtig zu schaffen und das nachdem wir Material ins ABC geschleppt haben, aber wieder bis ins Basislager abgestiegen sind. Zwei Stunden später geht es mir dann richtig schlecht, ich habe den Eindruck das Bewusstsein zu verlieren und mich übergeben zu müssen. Im warmen Küchenzelt kümmert sich Depender um mich, lässt mich Wasserdampf mit Kräutern inhalieren, schmiert mir Kräuterextrakte auf die Stirn und bringt mich dazu langsam Chapati und Suppe zu essen. Das hilft zumindest so weit, dass ich danach schlafen kann. Am nächsten Morgen fühle ich mich ausgelaugt und habe zudem Angst, dass ich gar nicht mit der Höhe zurecht komme. Eine Angst, die seitdem ich vor acht Jahren am Aconcagua Anfangssymptome eines Höhenhirnödems hatte, immer wieder kommt und mich die letzten Jahre meine Expeditionen zu tiefer liegenden Zielen hat durchführen lassen.

Nach zehn Tagen mit viel Niederschlag, sogar einmal Schnee im Basislager, der uns fürchten lies unsere Expedition sei schon vorbei, bevor sie überhaupt angefangen hatte, wird das Wetter stabiler und wir steigen in unser ABC auf. Ein letztes Mal mit extrem schweren Rucksäcken, aber dafür haben wir dann unser ganzes Material und Essen für 10 Tage oben und können uns voll unserem Ziel widmen.

Am nächsten Morgen dann legen wir endlich unsere Gurte und Steigeisen an und beginnen zu klettern. Nach so vielen Tagen nur mit Laufen ohne Klettern, haben wir schon sehnsüchtig auf diesen Tag gewartet. Wir klettern seilfrei bis auf den Grat, durch sehr brüchiges Gestein, über ein Schneefeld und dann durch eine verschneite Verschneidung, bis wir einen gigantischen Blick auf die andere Seite haben. Auf dem Grat geht es dann im Schnee weiter, immer wieder um oder über ziemlich brüchige Gendarme, bis wir vor dem ersten Steilaufschwung stehen. Dieser entspricht so gar nicht den Berichten von Expeditionen, die sich vor uns hier versucht haben: Sie beschreiben alle anspruchsvolle Mixedkletterei, doch bei uns gibt es kein Eis und Schnee und wir stehen vor einem riesigen Bruchhaufen, vertikaler Bruch und das über mehrere hundert Höhenmeter. Wir sind schwer enttäuscht und teilen die Meinung, dass dies zu gefährlich ist, denn um uns herum fliegen schon die Steine.

Nicht nur in den Alpen, sondern auch im Himalaja war es dieses Jahr trockener und wärmer als normal, was zu schwierigen Bedingungen führt. So klettern und seilen wir uns zurück zum ABC.

Dann die große Frage: „Was nun?“. Von hier oben gibt es keine sinnvolle Linie auf den Berg und so entscheiden wir uns es von der Westseite zu versuchen. Das bedeutet aber unser ganzes Material, was wir über mehrere Tage hier hochgeschleppt haben, muss wieder herunter. Noch am selben Tag tragen wir eine Runde bis zu unserem Zwischenlager auf 4300m runter. Die Rucksäcke sind so schwer, dass wir kaum laufen können, unsere einzige Rettung sind die Stöcke, die uns helfen in dem unwegsamen Gelände das Gleichgewicht zu halten. Der Weg ist eine Qual und zieht sich ewig, zum Glück kann ich mir dabei meine Musik in die Ohren stöpseln. Immer mal wieder verliere ich das Gleichgewicht, werde vom Rucksack nach hinten gezogen und kann kaum noch aufstehen. Anschließend rennen wir ohne die Rucksäcke wieder hoch, mittlerweile sind wir gut akklimatisiert und fühlen uns fit, eigentlich angriffsbereit. Noch dazu ist das Wetter perfekt und wir verbringen unsere Zeit schon wieder mit tragen anstelle von klettern. Ziemlich frustrierend. Zwischendrin sinkt die Stimmung und das einzige wozu wir unser Adschallaga noch verwenden, ist das super Essen im Basislager.

Doch dann geht es wieder los. Im Alpinstil wollen wir den Westgrat versuchen. Er hat zwar schon einige Begehungen, aber wir brauchen jetzt mal ein Erfolgserlebnis und wollen gerne auf dem Gipfel der imposanten Pyramide stehen, die sich schon seit bald zwei Wochen über uns auftürmt.

Die erste Crux ist es einen Weg auf den zerklüfteten Gletscher zu finden und durch die Steilabschwünge darunter. Die Schlüsselstelle ist dabei ein Couloir durch das immer wieder Seracs abgehen, die teilweise beängstigend große Schneewolken bilden und die Form kleiner Lawinen annehmen. Diese Spektakel können wir mehrmals täglich von unserem Basislager beobachten. Als wir nun davor stehen und beginnen uns der ausgesetzten Zone zu nähern fallen wieder enorme Schneemassen herunter. Gleich dreimal hintereinander und einmal weht der Staub bis zu uns und Steine prasseln neben uns herunter. Ich verspüre eine Angst tief in mir, so etwas habe ich schon sehr lange nicht mehr in den Bergen empfunden, richtig blockierend. Wir entscheiden uns unser Gepäck zu deponieren um am nächsten Tag früher am Morgen durch diese Gefahrenstelle zu gehen. Aufgrund eben dieser starken Angst geht es mir auch am nächsten Morgen erstmal schlecht. Nicht unbedingt die Querung, die jetzt wieder vor uns liegt, sondern viel mehr der Fakt, dass ich solche Furcht gefühlt habe mach mir zu schaffen. Das kenne ich nicht. Klar ich fürchte mich immer mal wieder und muss meinen Mut zusammen nehmen, aber so eine tief sitzende starke Angst, wie gestern habe ich noch fast nie verspürt! Doch als wir dann loslaufen, schnell vorwärtskommen und den gefährlichen Abschnitt im Morgengrauen ohne Probleme passieren, geht es mir wieder besser. Endlich sind wir wieder unterwegs mit dem Ziel zu klettern.

Wir schlagen unser Lager am Beginn des Westgrats auf (4900m) und verbringen den Nachmittag mit Schnee schmelzen, bevor es dann am nächsten Morgen früh losgeht. In eisiger Kälte erklimmen wir den Westgrat, auf dem dann die Kletterei beginnt. Die erste Seillänge im Fels ist direkt anspruchsvoll, sodass ich mehrfach die Handschuhe ausziehe um mich an kleinen Griffen festzuhalten. Zudem muss ich sehr vorsichtig klettern, da der Fels brüchig ist. Ich fühle mich wie als würde ich mit meinen Steigeisen einen Tanz auf rohen Eiern vollführen. Auch in der nächsten Seillänge ist zunächst noch Vorsicht geboten, denn hier liegen zahlreiche große Blöcke aufeinander und ich darf sie nicht aus dem Gleichgewicht bringen, damit sie nicht auf meine Sicherungspartner fallen. Doch dann die erfreuliche Überraschung: Der Fels wird richtig gut und noch dazu klettere ich in die Sonne. Von hier an klettern wir im goldgelben Granit, ein Abschnitt puren Genusskletterns trotz des schweren Rucksacks.

Es geht immer weiter, mal ist der Fels gut, dann wird er durch ein Schneecouloir mit Bruch unterbrochen und dann stehen wir vor einer steilen Wand, die uns auf den 3. Pinnacle hinaufführen soll. Sie wird durchzogen von perfekten Handrissen, die mich unter normalen Bedingungen nicht eine Sekunde lang zögern lassen würden, aber mit meinem schweren Rucksack und auf dieser Höhe scheinen sie mir doch einschüchternd. Ohne Rucksack kann ich sie dann allerdings direkt klettern, so schwer war es doch nicht! Anstrengender ist es den Rucksack nachzuziehen und die anderen zwei zu sichern, die sich mit ihren schweren Rucksäcken ziemlich abmühen müssen.

Und dann geht es weiter auf einen steilen Schneehang. Sehr anstrengend! Wir müssen jetzt langsam einen Biwakplatz finden, doch bisher gab es keinen Platz, an dem wir unser Zelt hätten aufstellen können. Mit jeder Seillänge hoffen wir, dass am Ende ein flacher Platz wartet, doch es kommt nichts und es wird immer später. Schließlich finden wir eine kleine Plattform. Allerdings ist sie uneben und übersäht mit Steinen verschiedener Größen weshalb wir die nächste Stunde damit verbringen den Platz zu glätten um unser Zelt aufstellen zu können. Es passt gerade so hier auf den Grat, gut exponiert. Trotz der präzisen Arbeit ist der Untergrund noch uneben und wir müssen beim Schlafen unsere Körper um die herausstehenden Steine platzieren.

Die Nacht ist kurz, denn wir Klettern schon um 4h weiter. Zunächst im Dunkeln über steile Schnee- und Eishänge und dann im Hellen durch Fels im Mixedgelände bis wir nach langem und anstrengenden Klettern die Schwierigkeiten hinter uns lassen und auf dem Gipfelgrat stehen. Es ist nicht mehr weit, doch aufgrund von blankem Eis müssen wir sichern und kommen nur langsam voran. Zudem spüren wir auch die Auswirkungen der Höhe, die uns nicht in unserem gewöhnlichen Tempo vorankommen lässt. Trotzdem bewegen wir uns stetig vorwärts und nähern uns immer mehr dem Gipfel. Links von uns verdunkelt sich der Himmel bedrohlich doch es scheint zunächst weit weg und wir lassen uns nicht beirren. Doch plötzlich zieht diese dunkle bedrohliche Wand sehr schnell heran und wir finden uns in einem Schneesturm wieder. Noch dazu enthält die Luft elektrische Ladungen, die wir alle in unserem Körper spüren, was ziemlich unangenehm und beängstigend ist. So müssen wir so schnell wie möglich von dem ausgesetzten Grat herunterkommen. 200 Höhenmeter unterhalb des Gipfels beginnen wir also mit dem Abseilen. Es ist 17h und es folgen 12h abseilen, ein Großteil im Dunkeln. Wir müssen fast alle Standplätze einrichten oder verbessern, nur ab und zu stoßen wir auf alte Schlaghaken vorheriger Expeditionen. Um 5h morgens sind wir nach 24 Stunden non-stop wieder an unserem Zelt auf dem Grat. Wir sind dehydriert, da wir alle viel zu wenig getrunken haben. So gönnen wir uns zwei Stunden Schlaf, bevor wir alles zusammenpacken und weiter abseilen.

Jetzt spüre ich die Auswirkungen der Strapazen und des wenigen Trinkens am Vortag, ich bin ausgelaugt und kämpfe zunächst mit dem schweren Rucksack. Doch einige meiner Oskri-Energieriegel haben zum Glück Effekt und geben mir wieder Kraft. Es folgen wieder hunderte Meter Abseilen, zudem verhängt sich unser Seil mehrfach und wir müssen wieder hochklettern. Noch dazu fliegen Steine und Jasons Helm ist am Ende unbrauchbar. Erst in der Dämmerung stehen wir wieder sicher auf dem Gletscher, wo wir die letzte Nacht verbringen.

Jetzt merke ich wie ich meinen Körper an seine Grenzen gebracht habe: Die ganze Nacht zittere ich und gleichzeitig ist mir aber so heiß, dass ich alle meine Klamotten ausziehe und zwischendurch sogar raus in den Schnee gehe. Ich versuche mich mit kalten Wasserflaschen abzukühlen, verbringe die ganze Nacht aber wie in einem fiebrigen Zustand und bin froh als endlich der Wecker klingelt. Jetzt heißt es ein letztes Mal alles zusammenpacken, nochmal unter den Seracs durchqueren und dann sind wir zum Frühstück im Basislager, komplett fertig nach einer anstrengenden, kräftezehrenden Kletterei. Doch es hat auch viel Spaß gemacht, mag ich doch die Herausforderung solcher langen Touren, die volles Engagement erfordern.

Es zehrt an uns, dass wir so kurz unterhalb des Gipfels umdrehen mussten, nachdem wir schon alle Schwierigkeiten hinter uns gelassen hatten. Doch wir haben eine neue Linie entdeckt, die wir noch Erstbegehen wollen. Zunächst brauchen wir nur ein paar Ruhetage um wieder zu Kräften zu kommen und auf das nächste gute Wetterfenster zu warten. Und dann die große Enttäuschung: Es fängt an zu schneien! Der ganze Berg ist plötzlich weiß überzogen und die Lawinengefahr zu groß um zu klettern. Nichtsdestotrotz bleiben wir hoffnungsvoll, denn wir sind voll motiviert und es sieht so aus, als ob es in zwei Tagen nochmal gut werde. Dann zwei Tage später, der ernüchternde Wetterbericht: Das gute Wetterfenster ist nur ganz kurz und reicht nicht um sich an eine unbestiegene Linie in dieser riesigen Wand zu wagen. Wir sind enttäuscht, waren wir uns doch sicher, dass wir noch eine Chance bekämen und hatten doch alle insgeheim gehofft noch auf dem Gipfel des Nilkantha zu stehen.

 Uns fällt es schwer zu akzeptieren, dass unsere Expedition damit ohne Erfolg zu Ende geht. Waren wir dem Gipfel doch schon so nah. Es ist schwer nach all der Organisation und dem Geld, dass wir in dieses Abenteuer hineingesteckt haben, nun ohne Gipfel wieder aus dem Basislager abzusteigen. Aber auch wenn es zunächst frustrierend ist, wissen wir doch alle dass es auch zum Expeditionsbergsteigen dazu gehört und zudem das Wichtigste ist, dass wir gesund wieder zurückkommen. In diesem Sinne war die Expedition erfolgreich, denn nach dreieinhalb Wochen stehen wir alle wieder am Beginn der Straße. Es war eine extrem gute Erfahrung, ich habe viel dazu gelernt, wir hatten eine richtig gute Kletteraktion und wir waren ein super Team. Gemeinsam mit Gilbert und Jason hatten wir trotz der psychisch zehrenden Momente, in denen es nicht so lief wie wir uns vorgestellt hatten, viel Spaß und es war sicherlich nicht unsere letzte gemeinsame Expedition.

Trotz der wenigen Klettertage bin ich ausgezehrter als gedacht und wünsche mir eigentlich nur eins: Nach Hause kommen um mich um nichts mehr kümmern zu müssen. Doch auf mich warten noch 10 Tage Hampi. Zunächst sind wir aber noch einige Tage in Delhi, wo mir das indische Chaos doch etwas zu viel wird. Am Anfang meiner Reise, als ich vollkommen in diese Welt eingetaucht bin, war es mir recht, jetzt jedoch nervt es mich enorm, ständig von irgendwem angequatscht zu werden der irgendetwas von mir will, mich irgendwo hinfahren möchte oder mir etwas zu verkaufen versucht. Zudem ist die Luft in Delhi so verschmutzt, dass ich direkt Halsschmerzen und Kopfweh bekomme. Nach vier Wochen in der Wildnis des Himalayas ist mein Körper nicht mehr an den Smog gewöhnt.

So mache ich mich sehr müde auf die lange Reise bis nach Hampi: ein Inlandsflug und dann noch eine ganze Nacht Busfahrt, bevor ich mit meinem Crashpad in dem kleinen Tempelort in der Mitte Indiens aus dem Bus steige. Ziemlich schnell wird mir klar, dass es die beste Entscheidung war noch hierher zu kommen. Es ist ein kleines Paradies: Zwischen Palmen und Affen gibt es Boulder so weit das Auge reicht. Zu meinem Erstaunen kann ich, nach all den Wochen, noch richtig hart bouldern, härter denn je zuvor! Ob das wohl daran liegt, dass ich so viele rote Blutkörperchen in meinem Blut habe!?

Nach einer Woche bouldern mit neuen Freunden aus aller Welt habe ich wieder voll Kraft getankt und verlasse Indien mit einem positiven Gefühl und dem Wissen, dass ich auf jeden Fall wiederkommen werde. Adschallaga!

Ohne Mammut, den Mugs Stump Award und den Lyman Spitzer Grant des American Alpine Clubs, wäre diese Expedition nicht möglich gewesen. Vielen Dank auch an Oskri, Petzl, Julbo und Katadyn für die Unterstützung.

Bilder: Jason Thompson

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